Jeder, dem Bildung am Herzen liegt muss die Entscheidung der Bürger Hamburgs schmerzen. Nicht, weil dort im Grundsatz über ein besseres Schulsystem entschieden wurde, sondern weil dies überhaupt versucht wird. Diese resourcenraubenden Diskussionen, die sich Jahre hinstrecken, verdecken nämlich das eigentliche Problem.
Richtig erkannt wurde in Hamburg, dass es in Deutschland keine Bildungsgerechtigkeit gibt. Diese gegen das deutsche Bürgertum durchzusetzen ist eine heute unmögliche Aufgabe. Was ist also der pragmatische Weg?
Wir müssen um in der Welt der Zukunft zu bestehen, im Wettbewerb um Talente bestehen.
Durch das Internet werden in der ganzen Welt Talente gesucht und gefunden. Jedes afrikanische Dorf wird in Kürze irgendwie über das Internet zu erreichen sein. Hier werden die Denker der Zukunft gesucht und gefunden. Dabei übersehen wir etwas unsere eigenen Schulhöfe in den sogenannten Problemvierteln. Mit Aussagen wie, „das ist halt so“ und „bei diesen Elternhäusern ist nichts Anderes zu erwarten“, ducken wir uns vor der Verantwortung weg. Grob geschätzte 30 % unserer Schüler entgehen so dem Talentradar. Vielleicht oder sogar sehr wahrscheinlich sind darunter die Einsteins, Leonardos und Gates der Zukunft.
Was ist also der pragmatische Weg, um diese zukünftigen Talente zu finden und zu fördern. Setzen wir nicht an der Schule an, sondern richten wir den Blick auf die Lehrer. Hier liegt die Lösung zu unseren Problemen. Wir haben in diesem Land viele große Lehrer, die aus tiefer Überzeugung sogar ihre Gesundheit opfern, um das beste für ihre Schüler zu erreichen. Leider sind diese in der Minderzahl.
Die Aussicht auf einen bequemen Beamtenjob mit vielen Ferien, auf einen intellektuell leichten Job nach leichtem Studium mit ausreichender Bezahlung verlockt leider nach wie vor tausende Minderleister nach diesem Beruf zu streben. Diese sind angetreten um mit wenig Aufwand bequem durchs Berufsleben zu gleiten. Heute, da das Qualitätsmanagement an den Schulen etwas die Schlagzahl erhöht, beweist der Krankenstand und die Zahl der Frühverrentungen diesen unseligen Trend.
Das muss aufhören.
Wir brauchen bessere Lehrer und Talentförderer. Dazu muss die Ausbildung schwerer und anspruchsvoller werden. Es darf nicht reichen Mathematik und Sport studiert zu haben, man muss fundiertes Managementwissen, Human Ressources Wissen, internationales Kulturwissen, Verwaltungswissen und Vieles mehr mitbringen. Wenn das Lehramtsstudium vom leichtesten zu einem der anspruchsvollsten wachsen würde, wären die bequemen schon außen vor. Zudem würde der Ruf der Lehrerschaft endlich steigen und der Beruf des Erziehers und Talentförderers zu einem der angesehensten in unserem Lande werden. Die Gehälter müssen natürlich auch auf ein Niveau gehoben werden, wie es im freien Markt üblich ist und eine Leistungsvariable enthalten.
Mit einer solchen Lehrerelite wäre die Diskussion um die richtige Schulform schnell beendet. Diese würde nämlich in jeder Schule eine optimale Ausbildung garantieren.
Nachtrag: Onlineausgabe SZ 22. 7. 2010 “ Sie (die Lehrerausbildung) müsste einen stärkeren pädagogischen Schwerpunkt haben. Wir bilden heute noch immer Mathematiker und Biologen statt Mathematik-Lehrer und Biologie-Lehrer aus. Lehrer müssen schon in der Ausbildung lernen, wie man mit heterogenen Bildungsgruppen arbeitet. Um diesen Wandel in den Studienplänen umzusetzen, ist es allerdings jetzt zu spät. Bis die ersten Lehrer nach den neuen Prinzipien auf den Arbeitsmarkt kämen, vergehen mindestens 15 Jahre. Und bis dahin sind alle nötigen Stellen schon besetzt. Diese Entwicklung haben wir verschlafen.“
Nachtrag2: Onlineausgabe der Zeit 29. 7. 2010 „Während alle sich die Köpfe heiß reden, ob das gemeinsame Lernen der Grundschule vier oder sechs Jahre währen soll, Kinder Gemeinsamkeit oder Selektion brauchen, verschwindet aus dem Blick, was die Kinder mehr prägt als die Größe der Lerngruppe oder die Dauer des Miteinanders – die Lehrerpersönlichkeit. Der Mensch, an den man sich auch nach 30 Jahren noch erinnert, weil er es verstanden hat, zu berühren, ohne an Respekt einzubüßen. Jemand, der Wege aufgezeigt hat.