In der schönen Erörterung „Payback“ von Frank Schirrmacher aus dem November 2009 vertritt der Autor die Meinung, Internet, Web 2.0 und Computer verändern unsere Denkstruktur zum Schlechteren. Unsere Fähigkeit mit Aufmerksamkeit an Themen zu arbeiten verschwinde zusehends. Schirrmacher unterlegt die verängstigende These in seinem gewohnt sauberen Journalismus mit zahlreichen Geschichten und Expertenstimmen. gegen den Chor der Web 2.0 Fans, zu denen auch ich mich zähle, ein sehr lesenswertes Buch.
Ich habe hier aber ein Zitat zur Bildungssituation in Deutschland herausgesucht:
Es (Unsere Lage) handelt sich vielmehr darum, den Dingen nicht mehr gewachsen zu sein. Und nichts ist dafür kennzeichnender als die hilflosen gesellschaftlichen Debatten um Pisa, Bologna, Bildung und lebenslanges Lernen. Unser gesamtes Bildungswesen ist instabil geworden, und in ihrer Hilflosigkeit suchen die die für die Vermittlung von Wissen Verantwortlichen in „Zertifizierungen“ ihren Ausweg, feste Normen also für jeden Professor und Studenten, so als handele es sich bei ihnen um Komponenten-Zulieferer für Computer-Hardware.
Eine Aussage voller Wahrheit. Nun bin ich sicher kein Gegner von Qualitätssicherung. Nachdem ich aber an diversen Zertifizierungen in der Erwachsenenbildung und einer Evaluierung in der Schule teilgenommen habe, behaupte ich diese sind lediglich ein Selbstzweck, ohne nachhaltige Verbesserung der Lehre. Nach einem schönen Textbuch, einem Blick in die Klassenräume, im Fall der Evaluierung der angekündigte Besuch einer (!) Unterrichtsstunde und eine anonyme Umfrage ist jeder zufrieden. Dies ist ein nutzloser Schattenbereich, der die Qualität der Lehre nicht verbessert, dafür Innovation zielsicher abschnürt. Die Hilflosigkeit von der Schirrmacher spricht ist hier zu reinen Ritualen der Hochbildungsgesellschaft verknöchert.