SUPERMOERS = reif fürs Museum

Wer kennt sie nicht, die populärmythologischen Erfindungen des Ausnahmekünstlers Walter Moers, die seit den frühen 1980er Jahren die Unterhaltungskultur in Deutschland bereichern? Oder, kürzer: Kleines Arschloch, Alter Sack, Käpt’n Blaubär, Hein Blöd, Adolf und Jesus – weder im Kino noch im Fernsehen, weder in den Buchhandlungen oder in den Gemeindebibliotheken kann man ihnen entkommen.

 

Und jetzt auch noch im Museum!

 

Moers in BadMergentheim-Flyer

 

Unter dem anspielungsreichen Titel „Die 7 ½ Leben des Walter Moers: Vom Kleinen Arschloch über Käpt’n Blaubär bis Zamonien“ können sich kundige Fans und unkundige Demnächst-auch-Fans vom 17. März bis 15. September 2013 in Bad Mergentheim eine Ausstellung ansehen, die es in sich hat. (Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10:30 bis 17:00 Uhr. Über das umfangreiche Begleitprogramm informiert ein gut gemachter Flyer bzw. die Internetseite der Stadt.)

Gleich an zwei Standorten – im Deutschordensmuseum und im Kulturforum präsentieren die Ausstellungsmacher eine detailverliebte Sammlung von Originalseiten, Manuskripten, Entwürfen, Büchern, Puppen, Skulpturen, Displays, Videoinstallationen, Merchandise-Artikeln – und Bildern, Bildern, Bildern! Nachdem Moers als Comiczeichner und Karikaturist begonnen hat, ist diese optische Opulenz zwar nicht ganz so überraschend, doch wie großartig seine Illustrationen sind, die er in den letzten Jahren für dieZamonien“-Romane gefertigt hat, kommt erst in der vom Buch losgelösten Sicht der einzeln gehängten Tuschezeichnungen voll zur Geltung.

Sehr schön kann man beim Rundgang durch die zwei Standorte die künstlerische Weiterentwicklung erkennen, die der Autodidakt Moers seit den ersten Veröffentlichungen in Satiremagazinen und Studentenzeitungen gemacht hat. Bilder wie zum Beispiel der (bisher noch nirgends gezeigte oder abgedruckte) „Bücherdrache“ lassen den Betrachter in ehrfürchtigem Staunen an die großen Meister der Renaissance denken. (Zur Vertiefung dieser Eindrücke empfiehlt es sich, den schön gemachten, großformatigen Ausstellungskatalog im Museumsshop mitzunehmen.)

Welchen Einfluss Walter Moers inzwischen auf eine ganze Generation nachgewachsener Künstler hat, belegen die geschickt eingestreuten Arbeiten junger deutscher Maler und Bildhauer. Hier ist vor allem das mit ungeheurer Liebe zum Detail gestaltete „Buchhaim“-Modell von Susanne Reichardt zu erwähnen, mit dessen Betrachtung allein man sich einen ganzen Nachmittag beschäftigen könnte.

moers-reichardt-buchhaim-modell

 

Wer also Zeit und Möglichkeit findet, einmal für ein paar Stunden nach Bad Mergentheim zu kommen, der sollte dies unbedingt tun. Schließlich sind solche aufwändig präsentierten Ausstellungen zu populären Gegenwartskünstlern immer noch Mangelware – und den von Walter Moers gezeichneten exklusiven SUPERMOERS-Comic erhält man ausschließlich beim Erwerb einer Eintrittskarte.

Moers in BadMergentheim-Supermoers

 

 

Herrmann Ibendorf

www.temporamores.de

Für Datenhungrige:

Moers-Ausstellungskatalog-SU

Der Ausstellungskatalog, herausgegeben von

 Christine Vogt

 Die 7 ½ Leben des Walter Moers.

 Vom Kleinen Arschloch über Käpt’n Blaubär bis Zamonien.

 Bielefeld, Leipzig, Berlin; Kerber Verlag, 2011, 168 S.

 ISBN 978-3-86678-593-9