Seit einigen Monaten ärgere ich mich über eine neue Errungenschaft des Straßenverkehrs. An immer mehr Stellen werden Geräte aufgestellt, die die Geschwindigkeit des laufenden Verkehrs messen und das Ergebnis dem Autofahrer ungebeten mitteilen.
Dass dies eine beständige Ablenkung bedeutet scheint niemanden zu interessieren. Nun las ich, welche enorme kulturelle Errungenschaft dies sei, da so der Verkehrsteilnehmer ohne Zwang zu mehr Tempogenauigkeit erzogen würde. Die Geräte erleben einen wahren Boom und die Hersteller können ihr Glück wohl nicht fassen. Dass hier vor allem Polizeibeamten eingespart werden sollen, scheint niemanden zu interessieren.
Ich mag nun die Lobeshymnen so nicht gerne hinnehmen. Die Behauptung der Verkehrsteilnehmer würde so zu mehr Einsicht erzogen und halte sich so glücklich und zufrieden an die Vorgaben der Verkehrsgötter – blanker Unsinn.
Nun will ich zugeben, dass mein Verhalten nicht repräsentativ ist. Dennoch will ich erzählen wie die Geräte mein Fahrverhalten verändert haben. 50 Meter nach dem Ortseingang steht auf meinem täglichen Weg eine solche „Erziehungsmaschine“. Schon gut 100 Meter vor der Ortsgrenze misst es meine Geschwindigkeit (Dort ist eine Tempo 50 Zone, nach dem Ortschild eine Tempo 30 Zone) und teilt mir diese mit. Dazu blickt mich ein Icon mit missbilligend heruntergezogenen Mundwinkeln an. Das könnte ich noch ignorieren. Habe ich aber die Ortsgrenze überschritten und habe 33 oder 32 Kilometer auf dem Tacho, werde ich immer noch kritisch angeblickt. Meine einzige Chance wäre es, rasch herunterzubremsen um 29 Kilometer zu erreichen. Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen, meinen elektronischen Lehrer zufrieden zu stellen, habe ich auf Trotzreaktion umgeschaltet und halte jetzt mein Tempo bis nach der Geschwindigkeitsanzeige hoch, um erst danach langsamer zu fahren. Bei mir ist also die Vorstellung der Verkehrsbeamten gescheitert.
Sind nun alle anderen bessere Menschen und einsichtiger als ich? Scheinbar nicht. Die anderen Fahrer scheinen auch abzustumpfen gegen das beständige Einmischen der Elektronik.
Nun sind Beamte bei den Verkehrsdiensten nicht als die kreativsten Köpfe bekannt. Vielleicht konnten sie selbst in der Schule auch mit dieser Form beständigen Drucks gut lernen.
Meine Erfahrungen aus der Schule und im Seminaralltag sind andere. Wollte der Lehrer/Referent nur ein Überperformen mit einem Lächeln belohnen, würde er jede Motivation schnell im Keim ersticken. Jeder Fehler wird mit einem bösen Gesicht bestraft – mal ehrlich, wie beliebt waren diese Lehrer? Und der merkwürdige Glaube an die Selbstregulierung. Wenn ein Schüler bei einer Prüfung vom Nachbarn abschaut und wird durch eine Leuchtdiode auf sein Fehlverhalten aufmerksam gemacht, wird jedoch nicht bestraft – wird er weiter abschauen oder nicht?
Hätten die sparsamen Beamten nur einmal mit Pädagogen oder Hirnforschern über ihre Pläne gesprochen, vielleicht wären sie einsichtiger gewesen. Ich bin neugierig welche weiteren Polizeiaufgaben in Zukunft von elektronischen Mahntafeln ersetzt werden. Ich selbst muss jetzt vor allem darauf achten, nicht zum „Trotzraser“ zu werden.