Jedenfalls wird man – angeblich – auch nicht klüger davon, außer man zweifelt gleich einmal – und ganz grundsätzlich – alles noch Folgende an.
So in etwa könnte man den glänzend geschriebenen Essay von Martin Korte zusammenfassen, der am 30. April 2010 im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter der Überschrift „Was soll nur aus unseren Gehirnen werden?“ erschien.
Der Neurobiologe Korte beschäftigt sich darin mit neuesten Untersuchungsergebnissen aus den USA, mittels derer nachgewiesen wurde, wie und auf welche Weise die Benutzung des Internets sich auf das menschliche Gehirn auswirkt. Kortes Überlegungen stimmen zumindest sehr nachdenklich.
Nicht dass, sondern wie sich das Gehirn auf die veränderten Anforderungen des „Surfens“ einstellt, erzeugt Gänsehaut. Es sind offenbar vor allem die Hirnregionen, die für die strategischen Entscheidungen und längerfristigen Planungen zuständig sind, die weniger gefordert werden – während der unselige Trend zum „Multitasking“ Aufmerksamkeitsdefizite fördert und Konzentrations- und Kommunikationsfähigkeiten verkümmern lässt. Laut Korte könnte all dies dazu führen, dass verstärkte Internetnutzung einen asozialen Isolationstrieb erzeugt. Auch die Auswirkungen auf die menschliche Intelligenz erscheinen nicht unbedingt positiv.
Um diesen Tendenzen entgegensteuern zu können, sind natürlich noch weitere Tests und Untersuchungen nötig. Vorerst hilft es aber anscheinend, wenn man dem Informationsüberfluss mit kritischen Zweifeln begegnet: Nicht nur die Leber, auch das Gehirn wächst mit den Aufgaben, die zu bewältigen sind. Für Korte sind Zweifel und Kreativität nicht nur zwei „wunderbar sympathische Tätigkeiten unserer Gehirne“, sonder auch „wichtiger denn je“.
Um also vorbeugend der Behauptung in der Überschrift dieser kleinen Polemik entgegenzuwirken, müssen Sie – die Sie das Ganze ja im Internet lesen – die paradoxe Leistung vollbringen, gleichzeitig den Inhalt aufzunehmen und in Zweifel zu ziehen.
Daran nicht zu verzweifeln ist die Hausaufgabe bis morgen.
Herrmann Ibendorf